Diabetisches Fußsyndrom mit adjuvanter HBO-Therapie behandeln

Diabetisches Fuß-Syndrom begünstigt Entstehung chronischer Wunden

Mit dem Diabetes mellitus (Zuckererkrankung) geht häufig eine Nervenstörung mit Empfindungsverlust (Polyneuropathie) einher. Dadurch wird ein Erkennen von schmerzhaften Druckstellen am Fuß oft verhindert. Verletzungen werden nicht „empfunden“ und können sich entwickeln. Infektionen mit Bakterien breiten sich ohne Schmerzreise unentdeckt aus. Durchblutungsstörungen, hervorgerufen durch „Zusinterung“ insbesondere in den kleinen bis kleinsten Gefäßen, begünstigen eine Wundentwicklung bzw. verhindern eine Wundabheilung.

Wunden am diabetischen Fuß oft therapieresistent

Diese Wunden sind oft therapieresistent, das heißt schwierig zu behandeln. Sie heilen nicht trotz aller ärztlichen Bemühungen. Häufig ist eine Operation mit Amputation oder Teilamputation der betroffenen Gliedmaße erforderlich. Diesen Einschnitt in die körperliche Unversehrtheit, verbunden mit einer Einschränkung der Lebensqualität und Mobilität, gilt es zu vermeiden.

Ziel der HBO: Vermeidung oder Begrenzung von Amputationen

Die primäre Wirkung ist die Sauerstoffversorgung des hypoxischen Gewebes (sauerstoffunterversorgtes Gewebe). Eine weitere Verschlimmerung der Wunde wird verhindert. Heilungsprozesse werden angeregt. Die sekundäre Wirkung ist die Anregung der Angioneogenese (Blutgefäßneubildung), die nach ca. 15 HBO-Behandlungen einsetzt. Hinzu kommt, dass Sauerstoff unter Überdruck Bakterien abtötet.

Sauerstoff-Mapping zur Beurteilung der Behandlungsaussichten mit hyperbarer Oxygenierung

Nicht jeder Patient mit einem diabetischen Fußsyndrom kann mit der HBO erfolgreich behandelt werden. Bevor Gewissheit darüber besteht, ob die HBO helfen kann, muss zunächst getestet werden, ob die Gewebebeschaffenheit eine Sauerstoffdurchlässigkeit an den betroffenen Stellen zulässt. Dies wird mittels Sauerstoffmessungen mit speziellen Sonden schmerzfrei ausgetestet, dem sogenannten „Sauerstoff-Mapping“. Bei positiver Beurteilung wirkt die HBO wie bei allen anderen Problemwunden bzw. chronischen Wunden.

Kosten-Nutzen-Relation der Hyperbaren Sauerstofftherapie positiv

Selbst bei einer Behandlungsserie von 50 Therapien und daraus resultierenden Kosten ist die Erhaltung des Fußes oder die Begrenzung der chirurgischen Maßnahmen auf Zehen oder Vorfuß aus zweierlei Gründen vertretbar: Die Folgekosten einer Unterschenkelamputation (z.B. Prothesen, Gehschulung, Stumpfprobleme, Immobilität, Rollstuhl) betragen ein Mehrfaches, d.h. die HBO ist wirtschaftlich. Es darf nicht entscheidend sein, dass mögliche Folgekosten durch die Pflegeversicherung getragen werden.Die Lebensqualität und die Mobilität von Senioren bleibt erhalten.

Kostenübernahme einer ambulant durchgeführten HBO-Behandlung bei Diabetischem Fußsyndrom

Die Kostenübernahme ist inzwischen auch für gesetzlich versicherte Patienten gesichert: Ein dazu im September 2017 gefasster Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) trat im Januar 2018 in Kraft.

Die Hyperbare Sauerstofftherapie wurde ab 4/2018 als neuer Abschnitt 30.2.2 in den EBM aufgenommen. Patienten mit schwerem diabetischem Fußsyndrom können jetzt ambulant mit der Hyperbaren Sauerstofftherapie behandelt werden. Die ärztlichen Aufwände werden durch neue GOP abgebildet. Die Vergütung der Leistungen erfolgt mit Ausnahme der GOP 30214 außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung.

Die HBO-Therapie darf damit als Behandlungsmethode angewandt werden, wenn bereits Standardtherapien ohne Erfolg durchgeführt wurden und der Schweregrad der Wunde Schädigungen der Gelenkkapsel oder Sehnen einschließt („Wagner-Stadium II“).

Bereits durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.05.2013 haben gesetzlich versicherte Patienten, die unter diabetischem Fußsyndrom ab Stadium Wagner III leiden, einen Anspruch auf Kostenübernahme gegenüber ihrer Krankenkasse, auch bei einer ambulant durchgeführten HBO-Behandlung. Die Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e.V. (DGfW e.V.) veröffentlichte zusammen mit weiteren Fachgesellschaften die Leitlinie der AWMF „S 3 Leitlinie zur Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronisch venöse Insuffizienz vom 12.06.2012“ und empfahl den Einsatz der HBO bei Diabetischem Fußsyndrom, da im Vergleich zu anderen physikalischen Maßnahmen die beste Evidenz vorliegt. Ihre Anwendung sollte erfolgen, um drohende Amputationen zu vermeiden. „Die Stärke dieser einstimmig konsentierten Empfehlung entspricht der Qualität der vorliegenden Daten.“ (s. AWMF online). In seinem am 02.06.2016 veröffentlichten Abschlussbericht zur HBO bei Diabetischem Fußsyndrom stellte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) einen „Anhaltspunkt für einen Nutzen“ der HBO-Therapie bei Wundheilung und Wundverschluss fest. Das IQWiG kommt zu dem Ergebnis: „Wunden können mit zusätzlicher HBO besser heilen.“

Handeln Sie schnell: Therapeutisches Fenster zur HBO-Therapie beachten

Wenn Wunden dreißig Tage unverändert bleiben oder sich verschlimmern, sollten die ärztlichen Maßnahmen überprüft und intensiviert werden. Schon in diesem Stadium ist die Beratung durch den Arzt im Druckkammerzentrum wertvoll. Die Beachtung des zeitlichen Fensters ist ein wichtiger Faktor, um mit der HBO-Therapie belastende Operationen zu vermeiden.

Aktuelle Forschung zur HBO-Therapie bei Diabetischem Fußsyndrom

Zum Einsatz der Hyperbaren Oxygenierung beim Diabetischen Fußsyndrom und zum jüngsten Stand der Forschung finden Sie eine laufend aktualisierte Literaturauswahl auf Forschung, Studien und Berichte.