Bestrahlungsspätfolgen nach Krebserkrankungen

Brustkrebs ist mit Abstand die häufigste bösartige Erkrankung der Frau. Statistisch gesehen erkrankt jede achte Frau in Deutschland in ihrem Leben an dieser Erkrankung. Glücklicherweise ist die Forschung auf dem Gebiet der Brustkrebstherapie schon sehr weit fortgeschritten. Zur Behandlung steht neben der operativen Therapie und der Chemotherapie mit verschiedenen Substanzklassen auch die Strahlentherapie zur Verfügung, die z.B. immer angewandt werden sollte, wenn operativ brusterhaltend therapiert wird.

Bei der Bestrahlung sollen möglichst alle bösartigen Zellen erreicht werden. Daher kann die Strahlentherapie auch noch gesundes, benachbartes Gewebe treffen und eventuell Zellen schädigen. Besonders strahlenempfindlich sind die kleinen Blutgefäße, das Bindegewebe sowie die Darm- und Blasenschleimhaut. Die Blutgefäße entzünden und verschließen sich häufig nach Bestrahlung. Hierdurch kommt es zu einer Verarmung an Blutkapillaren auf etwa 20–30% der normalen Dichte. Vor allem, wenn das Gewebe zusätzlich verletzt wird (z. B. Entfernung von Zähnen, Nachoperationen, scheuernde Prothese) oder nach einer Infektion führt der entstandene Sauerstoffmangel zu offenen Hautstellen oder nachhaltig geschädigten Geweben. Es entsteht eine chronische Wunde, die nur sehr langsam oder gar nicht abheilen kann – eine Problemwunde. Eine solche Wunde benötigt dringend Sauerstoff zur Regeneration und zum Abbau von Bakterien.

Typischerweise kommt es kurz nach der Therapie im Bereich des Bestrahlungsfeldes zu sogenannten akuten Strahlenschäden in Form von Hautrötungen oder feuchten Abschuppungen die nach kurzer Zeit jedoch in den meisten Fällen wieder folgenlos abheilen. Problematischer sind die sogenannten Strahlenspätschäden, die in bis zu zehn Prozent der Fälle auftreten. Hierbei kommt es nach mehreren Monaten oder sogar Jahren nach Beendigung der Therapie zum Zelluntergang und dadurch zu Schmerzen, Schwellungen, bindegewebigem Umbau (Fibrosierung) und krankhaften Erweiterungen der Hautgefäße (Teleangiektasien) im Bereich des Strahlungsfeldes. Ständige Rötungen, Schmerzen oder Spannungen im Bestrahlungsgebiet oder nicht heilende Wunden beeinträchtigen die Lebensqualität.

Bei Bestrahlungsspätfolgen kann die HBO eine wertvolle Hilfe sein. Die hyperbare Sauerstofftherapie wird in der Therapie von Bestrahlungsspätfolgen seit den 1970er Jahren erfolgreich angewandt. In der Zwischenzeit konnte die gute Wirksamkeit auch in mehreren Studien gezeigt werden.  Durch die HBO wird mehr Sauerstoff, der für die Wundheilung dringend benötigt wird, ins Gewebe transportiert. Es entsteht neues Bindegewebe. Blutkapillaren werden neu gebildet und regenerieren sich. Damit können selbst Strahlenspätfolgen wie chronische Wunden im Bestrahlungsbereich (Hautoberfläche oder im Körperinneren) abheilen. Die Wunde verschließt sich, Haut und andere betroffene Gewebe regenerieren.

Bei Bestrahlungen des Tumorgebietes trifft die Radiotherapie auch regelmäßig gesundes Gewebe. Besonders strahlenempfindlich sind die kleinen Blutgefäße beispielsweise bei Prostata-Bestrahlungen sowie die Darm- und Blasenschleimhaut. Nach Bestrahlung des Beckens treten –  manchmal Jahre später – bei 5-10 Prozent aller Patienten Bestrahlungskomplikationen auf:

  • Blasenentzündung (Strahlenzystitis)
  • Enddarmentzündung (Strahlenproktitis)

Diese Beschwerden und Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität oft stark. Bei solchen Bestrahlungsspätfolgen ist die Hyperbare Sauerstofftherapie eine große Hilfe.  Als sanfte Ergänzungstherapie erfolgt die HBO ohne weitere Medikamente und ohne weitere Operationen.  Die Druckkammertherapie  ist in der Lage, durch Strahlung belastetes Gewebe auch im Inneren des Körpers zu regenerieren. Durch die HBO kommt mehr Sauerstoff ins Gewebe, das zudem besser durchblutet wird, weil die Gefäßneubildung angeregt wird. Damit können selbst chronische Wunden im Körperinnern heilen.

Mit sehr guten Erfolgsquoten trägt die Hyperbare Sauerstofftherapie zu Wundheilung, Rückgang von Entzündungen und Schmerzen, Abheilen von Blasen-Darm-Fisteln, Verringern von Durchfällen und Blutabgängen und zur  Verringerung bzw. Vermeidung weiterer Bluttransfusionen  bis hin zur Vermeidung von Eingriffen wie Blasenentfernung und dem Legen eines künstlichen Darmausgangs bei.

Falls sich nach der Strahlenbehandlung ein chronischer Bestrahlungsschaden ausbildet, sollte Ihr behandelnder Arzt möglichst rasch das Potenzial der Hyperbaren Sauerstofftherapie erkennen. Obwohl immer mehr Ärzte die HBO als zusätzliche Maßnahme und echte Chance befürworten, kann es sein, dass gerade Ihr Arzt die Hyperbare Sauerstofftherapie noch nicht kennt. Gerne informiert der VDD e.V. oder das Druckkammerzentrum Ihrer Wahl  Ihren Arzt über diese Behandlungsoption.

Trotz moderner Strahlentherapien kann es auch heute noch bei der Behandlung von Kopf- und Halstumoren dazu kommen, dass als Spätfolgen chronische Weichteil- und Knochendefekte auftreten. Sie werden als Osteoradionekrose bzw. Radioosteitis bezeichnet. Die Bestrahlung vermindert die Gefäßdichte und kann so zu einem Sauerstoffmangel (Hypoxie) in Knochenzellen und Gewebe führen. Die Folgen sind chronische Wunden mit Fistelbildung, Osteitis oder sogenannte Spontanfrakturen ohne äußere Einwirkungen, die die weiteren Behandlungsmöglichkeiten erschweren: Transplantate heilen nicht ein, Infektionen sind nicht unter Kontrolle zu bringen.

Die hyperbare Sauerstofftherapie, HBO, bietet eine exzellente Chance, die geschädigten Knochenzellen und das betroffene Gewebe zu regenerieren. Durch ihre Wirkungsweise – die Erhöhung des Sauerstoffpartialdrucks im Blut – können die Zellen ihre Funktion wieder aufnehmen. Kapillare und Gewebe wachsen wieder oder entstehen sogar neu. Die HBO hilft damit nicht nur, die Beschwerden zu mildern oder weitere, für die Behandlung notwendige operative Eingriffe erst zu ermöglichen. Oft verschwinden Osteoradionekrose und Radioosteitis als Strahlenspätfolgen völlig, und dies dauerhaft.

Für die Regeneration von Zellen, Kapillaren und Gewebe benötigt der Körper Zeit. Daher sind in der Regel bei Osteoradionekrose und Radioosteitis 20-30 Behandlungen notwendig, um einen ausreichenden Heilungserfolg zu erzielen. Eine präzise Einschätzung der mit der HBO verbundenen Heilungschancen ist mittels MRT-Aufnahmen vor der Therapie möglich.