Bisher gibt es in Baden-Württemberg wie in vielen anderen Bundesländern keine gesicherte Notfallversorgung bei Rauchgas- und CO-Vergiftungen sowie Tauchunfällen mit hyperbarer Sauerstofftherapie. Der Verband Deutscher Druckkammerzentren e.V. (VDD) begrüßt daher ausdrücklich die Pläne, die am Klinikum Ludwigsburg angesiedelte Druckkammer zu einem Notfallzentrum mit 24-Stunden-Versorgung zu machen. Das „DCS am Klinikum Ludwigsburg“ ist Mitglied im VDD e.V. und verlagerte Ende 2014 seinen Standort von Stuttgart nach Ludwigsburg.

Optimale Therapie bei CO- und Rauchgasvergiftungen: Hyperbare Sauerstofftherapie

„Bei Rauchgas- und CO-Unfällen zählt jede Minute. Nur die HBO-Therapie kann neurologische Spätschäden vermeiden und Leben retten“, so VDD-Vorsitzender Michael Kemmerer. „Wir hoffen sehr, dass es rasch ein weiteres, jederzeit einsatzbereites Notfallzentrum in Deutschland geben wird, so dass weniger Unfallopfern eine adäquate, schnell erreichbare Therapie zur Nachtzeit sowie an den Wochenenden vorenthalten wird.“ Laut Hermann Schröder, der als Landesbranddirektor im Innenministerium für das Rettungswesen zuständig ist, werden das Stuttgarter Innen- sowie das Sozialministerium gemeinsam mit den Kassen über die Finanzierung einer Bereitschaft verhandeln.

Nur Hessen hat bisher einen geregelten Versorgungsauftrag

Bundesweit gibt es lediglich in Wiesbaden, Berlin, Murnau, Kiel, Halle und mit Einschränkungen in Düsseldorf Druckkammern, in denen rund um die Uhr eine hyperbare Oxygenierung (HBO) sichergestellt ist. Doch fast täglich kommt es in Deutschland zu lebensgefährlichen Kohlenmonoxid- oder Rauchgasvergiftungen. Ursachen sind oft Wohnungsbrände, aber auch defekte Heizungsanlagen, bei denen das tückische, geruchlose CO unbemerkt austritt. Schnelle Hilfe bei schweren Vergiftungen leistet dann optimal nur die Versorgung der Unfallopfer mit hyperbarem Sauerstoff in Therapie-Druckkammern. Doch diese Druckkammern stehen in Deutschland bisher weder flächendeckend noch rund um die Uhr zur Verfügung. Der Grund: Bis auf Hessen ist der Versorgungsauftrag in keinem Bundesland geregelt.

Weder ambulantes noch stationäres Abrechnungssystem decken Kosten der HBO-Therapie im Notfall ab

Nun könnte die 2012 in Hessen gefundene Lösung endlich Schule machen. Im Februar 2012 entschied das hessische Sozialministerium in einer unbürokratischen, bisher einmaligen Lösung, die Druckkammerversorgung für Notfallpatienten in diesem Bundesland zu sichern. Mit der Anbindung an die Asklepios Paulinen Klinik ist seitdem das Druckkammerzentrum Wiesbaden als „Zentrum für hyperbare Notfall- und Intensivmedizin“ in 24-Stunden-Bereitschaft im Einsatz. Bisher ist andernorts die Finanzierung der Versorgung für Notfallpatientinnen und -patienten, die direkt vom Rettungsdienst in die Druckkammer gebracht werden, weder durch das ambulante noch stationäre Abrechnungssystem gedeckt. Die zuständigen Behörden und gesetzlichen Krankenkassen argumentierten bisher mit den hohen Vorhaltekosten für die 24-stündige Bereitschaft einer Druckkammer gegen die Einrichtung weiterer Notfallzentren.

Über den Verband Deutscher Druckkammerzentren e.V. (VDD)

Der VDD e.V. vertritt als Berufsverband die Druckkammer-Therapiezentren in Deutschland. Er gibt die Richtlinien für die sichere und professionelle Behandlung mit Hyperbarer Sauerstofftherapie (HBO) vor und betreibt in Zusammenarbeit mit den medizinischen Fachgesellschaften den Erfahrungsaustausch zum Einsatz der Hyperbarmedizin in Deutschland. Der VDD e.V. informiert medizinische Fachkreise und Patienten über die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) und die Weiterentwicklung der Therapiemöglichkeiten. Internet: www.vdd-hbo.de

Über die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO):
Die HBO-Therapie hat ihre Ursprünge in der Tauchmedizin. So ist sie bis heute bei Tauchunfällen mit Dekompressionserkrankung (DCS), aber auch bei schwerer Rauchgasvergiftung und CO-Intoxikation internationaler Standard. Auch für den stationären Einsatz der HBO beim diabetischen Fußsyndrom (DFS) sind die Bewertungen des für die Beurteilung neuer Heilmethoden zuständigen sogenannten „Gemeinsamen Bundesausschusses – GBA“ positiv. Die DGfW e.V. empfiehlt in ihren „S 3 Leitlinien zur Lokaltherapie chronischer Wunden“ von 2012 die HBO als Therapieoption bei drohender Amputation beim DFS. Nach Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. Mai 2013 müssen Krankenkassen die Kosten für eine notwendige ambulante hyperbare Sauerstoff-(HBO)-Therapie bei drohender Amputation bei ischämischem diabetischem Fußsyndrom übernehmen. Die Überdruckmedizin ist eine adjuvante Therapieoption für zahlreiche Indikationen. Sie fördert die Regeneration im menschlichen Körper. Sauerstoff, unter Überdruck in der Therapie-Druckkammer eingeatmet, löst sich um ein Mehrfaches. Der hohe Sauerstoff-Partialdruck wirkt positiv auf das Gewebe und auf die Kapillaren und führt zur Regeneration von Sinnes- oder Knochenzellen und Gewebe. So kann die HBO-Therapie auch dann noch mit Erfolg eingesetzt werden, wenn Standard-Behandlungen unbefriedigend verlaufen. Bevorzugte Einsatzgebiete sind chronische, schlecht heilende Wunden, Knochenmarködem-Syndrom und aseptische Knochennekrosen, späte Bestrahlungsfolgen bzw. Bestrahlungsschaden nach Krebsbestrahlung an Kopf, Hals, Blase oder Darm sowie akute Hörstörungen wie Hörsturz, akuter einseitiger Tinnitus, Knalltrauma bzw. akutes Schalltrauma. Die HBO ist eine sanfte und zudem nebenwirkungsarme Therapie.

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